Author : Kazuya Kudo/Ryoichi Ikegami
Verlag : Feest Comics
Bände : 6 (unvollendet in Deutschland)
Format : Din A 4 (Amerikanisches Format), Gespiegelt
Preis : 16,80 DM
90% des menschlichen Gehirns sind Brachland wird so gerne gesagt. Aber will man den Rest überhaupt nutzen? Meint man mit den Problemen, die sich daraus ergeben, fertigwerden zu können?
Die Menschheit verfügt über ein gewisses Potential an pyschokinetischen Kräften. Dies jedenfalls ist die feste Überzeugung der Allianz der Weisheit. Was ist dies für eine Verbindung und was sind ihre Ziele? Nun, sie sieht sich als eine Macht, die aus dem Hintergrund heraus die Geschicke der Welt lenken will, und damit ihre ganz persönlichen Interessen verfolgt. Nach außen hin treten sie gerne als Vermittler und Diplomaten auf, suchen aber in jeder Handlung ihren eigenen Vorteil. Dabei wird hauptsächlich auf Informationen gebaut, die man sich aus allen möglichen Quellen besorgt, und mit denen man sehr gut umgehen kann wie es scheint. Warum nun dieses Interesse an geistigen Begabungen? Die psychischen Begabungen stellen sowohl eine Bedrohung als auch eine Waffe dar, und die Allianz hätte sie gerne unter ihrer Kontrolle, schließlich kann man dann eventuellen Forderungen sehr eindrucksvoll Nachdruck verleihen. Durch ihre Test, die inoffiziell durchgeführt werden, stößt man auch bald auf die Namensgeberin dieser Serie, Mai Kuju, 14 Jahre alt, aus Japan. Sie hat ihre Kräfte, die sehr ausgeprägt sind, von ihrer Mutter geerbt, diese Fähiglkeiten liegen den Frauen ihrer Linie im Blut. Mit ihrem Vater zusammen, der sie vor dem Einfluß von außen bewahren will, da er um den Reiz, den ihre Begabung auf andere hat, weiß, lebt sie in Tokio. Doch eine Organisation, die von der Allianz mit der Beobachtung des jungen Mädchens beauftragt wird, ist ihr ständig auf den Fersen. Und obwohl ihr Vater auch eindrucksvoll den meisten Bedrohungen Paroli bieten kann, wird das Netz was sich um die beiden zieht immer enger. Zumal das Oberhaupt des Kaieda Informationsdienstes über ebenso ungewöhnliche Mittel verfügt, und auch selbst mehr als nur ein ernstzunehmneder Gegner ist. Es sieht so aus als ob sich Mai mehr Freunde suchen muß, nur ihr Vater allein wird wohl nicht reichen, um ihren Häschern zu entkommen. Insbesondere da es noch weitere Kinder über die Welt verteilt gibt, die über ähnliche geistige Kräfte verfügen, und deren Interesse im Bezug auf die Allianz bisher noch zu klären wäre.
Mai, psychical Girl erschien ab 1985 im japanischen Magazin Shonen Sunday. Die deutsche Version, die 11 Jahre später veröffentlicht wurde, bezieht sich auf die amerikanische Ausgabe von Viz. Die Zusammenarbeit der zwei Schöpfer dieser Serie hat zu einem ungewöhnlichen Ergebnis geführt. Im Zeichenstil zeigt sich das ebenso wie in der Handlung. Man hat das Gefühl ein für eine Verfilmung geplantes Storyboard zu lesen, so ist der vorherrschende Eindruck. Sehr gut ausgearbeitet und großflächige Hintergrundbilder bilden das Leitmotiv in den Panels, die häufig nur figurativ und einfach gehaltenen Personen wirken wie hingekrizelt, wie eine Animationsstudie, als ob sie nicht wirklich in das Bild gehören, sondern nur darüber gelegt wurden, mit Hilfe einer Animationsfolie. Im Laufe der Zeit läßt der Eindruck zwar nach, die Zeichnungen werden stimmiger und integrieren sämtliche Darstellungen ohne diese brüche, aber es fällt einem immer noch auf. Zudem ist das Charakterdesign mal etwas anderes, es wird nicht der typische (als ob es so einen geben würde) Mangastil gezeichnet, sondern die Figuren wirken für das europäische Auge angepasster. Jedoch sind viele der Hintergrundpersonen austauschbar, nur die wichtigsten Menschen sind dafür fast übertrieben personalisiert, und wirken alten amerikanischen C-Movies entsprungen. Die Handlung ist dafür tiefergehend, wenn auch nicht auf den ersten Blick. Es geht um weit mehr als nur die oberflächliche "Böse Allianz jagt kleines Mädchen" Nummer, und es gibt durchaus tiefgreifende Veränderungen in der Storyline. Auf jeden Fall ist der Aufbau spannend genug um einen am Lesen zu halten. Die deutsche Version erschien 1996, also noch vor dem großen Boom. Damals wurden die amerikanischen Formate als Standard verwendet, und damit auch die Spiegelung. Feest hatte sich mit dieser Lizenz eigentlich einen ganz guten Stoff ins Boot geholt, sie waren damals eigentlich der Verlag der sich um Mangas kümmerte, bevor auch Carlsen so einstieg wie heute, aber nach nur 6 Ausgaben, das ist ungefähr die Hälfte des gesamten Stoffes, wurde die Serie eingestellt. Vielleicht war die Zeit noch nicht reif, viele der damilgen Serien starben nach recht kurzer Zeit. An der deutschen Übersetzung gibt es einige Kritikpunkte, aber das schreibe ich mal den Amerikanern zu. Die Aufmachung ist mit denselben Problemen aller dieser Bände versehen, sie lösen sich sozusagen beim Anschauen auf. Die damals verwendete Klebebindung war so schlecht, das selbst beim Verkauf schon die ersten Mängel sichtbar wurden. Inzwischen sind die Bücher allerdings nicht mehr als verfügbar aufgelistet, man muß also sowieso in modernen Antiquariaten oder beim Second Hand Shop nachschauen.
Wenn ihr die Bände in die Hand kriegt für einen vernünftigen Preis und in lesbarem Zustand, greift ruhig zu. Das Hauptproblem ist eigentlich das die Serie nicht abgeschlossen ist, man hängt also direkt bei der ersten Konfrontation in der Luft. Klar kann man die dreiteilige amerikanische Version, oder falls man des japanischen mächtig ist, ihr vierbändiges Äquivalent in Betracht ziehen. An viel mehr dürfte man leider auch nicht rankommen, diese Serien haben meist nicht lange genug überlebt, und die Bestände befinden sich in einem bedauernswerten Zustand. Jedenfalls ist mit diesem Manga ein Werk erhältlich das sich mit den subtileren Aspekten und Problemen von Macht beschäftigt, und nicht die sonst so eingängige "Hau drauf und Schluß" Strecke anderer Machwerke fährt. Ich habs mir damals gerne gekauft, und hab mich geärgert das sie eingestellt wurde. Aber wie man bei Striker/Spriggan gesehen hat, gibt es ja vielleicht immer noch Hoffnung auf Wiederauflangen. Freuen würde ich mich.